Die Bevölkerung in Deutschland wächst und wächst, doch der Wohnungsneubau hinkt hinterher. Neben Maßnahmen wie Ausweisung von mehr Bauland oder staatliche Förderung von Neubauprojekten ist modulares Bauen eine interessante Option zur schnellen Realisierung von Wohnraum.

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht bis Ende 2021 das Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen vor, was jährlich circa 375.000 neuen Wohnungen entspricht. Doch in den letzten fünf Jahren lag der Schnitt bei nur rund 260.000 Wohnungen. Gemäß der im Auftrag vom Verbändebündnis Wohnungsbau erstellten Studie „Das Baujahr 2018 im Fakten- Check“ von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) und dem Pestel-Institut werden jedes Jahr zusätzlich 140.000 Wohnungen benötigt, um den Gesamtbedarf von rund 400.000 je Jahr zu decken. Vor allem bei Sozialmietwohnungen und bezahlbaren Wohnungen ist der Handlungsdruck sehr hoch. Daher sind Reformen und innovative Lösungen gefragt.

Module als Lösung bei Wohnraumengpässen

Vertreter der Bau- und Immobilienwirtschaft sehen große Chancen im seriellen Bauen sowie in der System- und Modulbauweise „Auch Module können – qualitativ hochwertig, aber dennoch kostengünstig – maßgeblich zur schnellen Beseitigung von Wohnraumengpässen in unseren Kommunen beitragen“, sagt der Vizepräsident Wirtschaft des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), Dipl.-Ing. Marcus Becker.

„Dies ist möglich, weil beim systematisierten Bauen viele Teile bis hin zu ganzen Wohnmodulen industriell vorgefertigt und anschließend auf der Baustelle montiert werden. Ein hoher Wiederholungseffekt senkt die Baukosten.“

Bauen nach den Prinzipien der Automobil- industrie

Beim Modulbauspezialisten Algeco aus Kehl ist das Prinzip der seriellen Fertigung gängige Praxis: Aus verschiedenen Modulen in Stahlrahmenbauweise und darauf abgestimmten Komponenten in unterschiedlicher Ausführung wie Fenster, Türen, Fassaden, Böden, Decken und Installationen entstehen am Computer individuell konzipierte Gebäude. Alles ist präzise spezifiziert und kalkuliert. Nach Kundenfreigabe und Vorlage der Baugenehmigung werden klar definierte Prozesse angestoßen.

Planung, Bestellung, Lieferung und Vormontage erfolgen kostenoptimiert. Treffen die bereits zu 80 Prozent vorkonfigurierten Module auf der Baustelle ein, geht alles sehr schnell. „Der entscheidende Vorteil der modularen Bauweise ist die Geschwindigkeit“, betont Harald Suhrcke, Director Marketing & Innovation Center von Algeco. „Bereits nach wenigen Wochen können die Bewohner einziehen.“

3.800 Quadratmeter in sechs Wochen

Ein beispielhaftes Projekt ist eine Anlage in Köln-Deutz. Die Stadt brauchte dringend Wohnungen für insgesamt 180 Flüchtlinge. Algeco errichtete innerhalb von nur sechs Wochen vier identische Baukörper mit einer Gesamtnutzfläche von rund 3.800 Quadratmetern. Damit sich die Anlage gut in das Umfeld, bestehend aus Büros, Hotels und Messehallen, integriert, entschied sich der Bauherr für eine gedämmte Fassade in elegantem Grau. Die Mietzeit für das temporäre Gebäude beträgt insgesamt 24 Monate mit dem Vorteil, dass keine Investitionen anfallen und die Stadt in jeder Hinsicht flexibel bleibt.

Modular nachverdichten – immer flexibel

Für den langfristigen Bedarf, insbesondere zur Nachverdichtung, sind Modulbauten eine gute Wahl. Wie aus einer Studie der Technischen Universität Darmstadt hervorgeht, könnte die Wohnfläche in Städten durch Aufstockung vorhandener Häuser um circa 20 Prozent gesteigert werden. Hier liegen modulare Konzepte in Stahlskelettbauweise klar im Vorteil, denn die Konstruktion hat ein viel geringeres Eigengewicht als Lösungen in Massivbauweise. Zudem ist die Belastung der Anwohner durch Lärm und Dreck verhältnismäßig gering. Modulbauten sind immer anpassungsfähig und machen jeden Wandel mit.

Ging vor einigen Jahren noch der Trend zu großzügigen Wohnungen, sind jetzt eher kleine Einheiten auf dem Vormarsch. Fristete die Küche früher ein Schattendasein in einer kleinen, schmalen Raumzelle, ist sie heute als Life-Style-Objekt integraler Bestandteil des Wohnzimmers. In Massivbauten lassen sich derartige Veränderungen oft nur mit sehr großem Aufwand durchführen, für modulare Gebäude sind sie ein Kinderspiel, denn es gibt keine tragenden Wände. So lassen sich auch neue Kommunikationstechnologien mühelos nachträglich integrieren.

Anspruchsvolle Architektur

In Verbindung mit ansprechender Architektur kann die modulare Bauweise auch einen wichtigen Beitrag zur Baukultur schaffen. Ein Vorzeigeobjekt in Neuss liefert den Beweis. Die von Algeco errichtete Wohnanlage besticht hinsichtlich ihrer Größe, Komplexität und der extrem kurzen Bauzeit. Auf einer Fläche von 14.000 Quadratmetern wurde innerhalb eines Jahres eine Wohnanlage mit hoher Lebensqualität errichtet, bestehend aus acht dreistöckigen Wohngebäuden und 882 modularen Baukörpern, kombiniert mit einer Einheit in Massivbauweise, die den modularen Aufbau in der Fassade aufnimmt.

Das mit der Planung beauftragte Büro „Schmale Architekten“ aus Grevenbroich integriert die Modularität als Bestandteil in ihre Architektursprache. Die modularen Strukturen werden nicht versteckt, sondern sorgen sichtbar für eine Rhythmisierung der Gebäude in einer ehrlichen Ästhetik, die Material, Bewohnern und Anwohnern gerecht wird: Die Anlage wirkt modern und reduziert, großzügige Fensterflächen brechen die klare Struktur auf und die Farbigkeit der Fassade leitet durch heller werdende Grautöne zum Himmel über. Bänder aus gefaltetem Stahl verbinden die Gebäudekomplexe horizontal und nehmen gleichzeitig das Material der Außenfassade auf.

Weitere Informationen unter:
www.algeco.de
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