Vor allem im Brücken- und Tunnelbau ist sie seit einiger Zeit in aller Munde, die sogenannte „Lego“-Bauweise. Hierunter versteht man ein Bauverfahren, bei dem Teile des Bauwerkes aus vorgefertigten Bestandteilen nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt werden. Die Herstellung von Baukörpern entsteht hierbei also nicht vor Ort, sondern im Herstellerwerk. Größter Vorteil liegt in der Zeitersparnis gegenüber der herkömmlichen Bauweise. Um sich diesen Vorteil zu nutze zu machen, setzten auch die Bauherren des neuen Wertstoffhofes in Herne auf eine modulare Bauweise.

Nachdem der alte im Jahre 2006 in Betrieb genommene Recyclinghof (ca. 11.000 Tonnen Abfälle und Wertstoffe pro Jahr) in der Revierstadt schon seit längerer Zeit als nicht mehr zukunftsfähig galt, diskutierten die Akteure bereits seit 2014 sehr intensiv über neue Lösungen. Verkehrstechnische, bauliche und kapazitative Schwachstellen schlossen eine Optimierung der Anlage aus und legten einen Neubeginn nahe. Neben der Bauzeit standen die Aspekte Kundenfreundlichkeit und Nachhaltigkeit dabei im Fokus der Überlegungen.

Unter Berücksichtigung dieser Punkte, sowie spezieller Anforderungen an Raumhöhen für Arbeitsplätze, Raumakustik, Wärmedämmung und an flexible Nutzungsmöglichkeiten, entschieden sich die Herner Entsorger für den Neubau eines wettergeschützten Wertstoffhofes auf Basis von Beton-Fertigteilen.

Annahme der Wertstoffe erfolgt auf zwei Ebenen

Kernstück des Wertstoffhofes auf dem rund 23.000 Quadratmeter großen Gelände bildet die Annahme der Wertstoffe auf zwei Ebenen. Der Kunde zahlt seine Gebühr an einer überdachten Kassenanlage, dort erfolgt auch die Steuerung der Kundenströme durch die Mitarbeiter. Der Nutzer fährt auf der rechten Seite der modular aufgebauten Anlage eine Rampe hoch, stellt seinen Pkw in diesem „Obergeschoss“ ab und entsorgt den Abfall ohne größere Anstrengung in tiefer stehenden Containern. Anschließend fährt er auf der anderen Seite wieder herunter.

Die Ein- und Ausfahrten sind vom normalen Betriebsverkehr getrennt. Ebenerdig ist ein Bereich mit Schüttboxen für die Anlieferung größerer Mengen eingerichtet. Kurz vor dem Verlassen des Geländes kann der Kunde noch eine Wertstoffinsel für Altglas und Alttextilien nutzen. Dank der zwei Ebenen soll künftig gewährleistet sein, dass das in den letzten Jahren häufig auftretende Verkehrschaos ausbleibt. Auf der oberen Ebene werden zudem zentral Schadstoffe, Elektroaltgeräte sowie Metalle angenommen. Ein weiterer Bereich der Anlage wird für die Abwicklung interner Stoffströme und das gewerbliche Containerangebot genutzt.

Die notwendige Energie für den Betrieb liefert die Photovoltaikanlage auf der südlichen Dachseite des Hofes. Mit Geothermie wird genügend Wärme für das Besucherzentrum erzeugt. Bei Regenwetter dient ein Rückhalte- becken dazu, das Niederschlagswasser zu speichern, um für Fahrzeuge der Straßenreinigung und des Winterdienstes oder auch für Grünflächen auf dem Gelände wieder Verwendung zu finden. Mittels eines begrünten Lärmschutzwalls wird auch an die Nachbarn gedacht, falls es bei der Arbeit mal lauter wird.

149 Fertigteile bilden den Wertstoffhof

Möglich wurde all dies durch die flexible Modulbauweise: Nach aufwändigen Erschließungsarbeiten und dem Gießen eines soliden Fundaments fiel am 3. Juli 2017 der Startschuss für den Hochbau. Insgesamt 149 im Fertigteilwerk Kleihues in Emsbüren monolithisch hergestellte Fertigteile gelangten in insgesamt 70 LKW-Fuhren auf die Baustelle. Sie wurden vor Ort auf tragfähigem Boden aufgestellt und konstruktiv miteinander verbunden. Die Wandstärken der Elemente betragen 14 cm, die Deckenstärken 23 cm.

Alle Elemente wurden mit einer Länge von 3 m geplant. Die Höhen variieren dabei zwischen 0,85 m und 2,60 m. Die maximale Spannweite beträgt 5 m. In Summe bestehen die Elemente aus etwa 1.500 Tonnen Beton. Der große Vorteil der Modulbauweise: Die Montage der Elemente erfolgte in nur 10 Tagen. Bereits Ende August hatte der neue Wertstoffhof ein Dach über dem Kopf.

Bauweise bietet maximale Flexibilität

Neben dem Zeitfaktor resultieren aber noch weitere Vorteile aus der Bauweise: Oft ergeben sich im Laufe der Jahre veränderte umweltbezogene und gesetzliche Anforderungen. Die Fertigteilbauweise bietet hier maximale Flexibilität, denn die Elemente können angepasst, erweitert, umgesiedelt und wiederverwendet werden. Dank der hohlen Unterseite kann die Fläche doppelt genutzt werden. Und die Kosten? Diese sind vergleichbar mit einer konventionellen Bauweise. Das gesamte Projekt schlug mit rund 5,6 Millionen Euro zu Buche.

Eine Besonderheit besitzt dieser Wertstoffhof mit seinem Besucherzentrum. Dieses befindet sich im südlichen Flügel des U-förmigen Erdgeschosses mit Medienraum und Werkstatt. Es ist als Ort der Begegnung, der Kommunikation, des Lernens und des gemeinsamen Handelns konzipiert. In ihm manifestiert sich die Essenz der ökologischen Leitlinien des Betreibers „entsorgung herne“: Abfallvermeidung, Ressourcenschonung, Klimaschutz.

Weitere Informationen unter:
www.kleihues-beton.de
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