Die CAFM-Einführung gilt als das Vorzeigeprojekt bei der Landeshauptstadt München in Sachen Digitalisierung. Inzwischen ist mit der CalCon InputApp die erste Fachanwendung für Tablets an den Start gegangen.

Die zahlreichen Besucher der Münchner Sehenswürdigkeiten sind längst mobil unterwegs. Mal eben das Handy rausgeholt, ein Bild vor dem Neuen Rathaus gemacht, und im nächsten Moment ist es schon online. Jetzt zieht das Facility Management der Landeshauptstadt, das viele dieser Gebäude betreut, nach. Denn Mobilität wird, nicht erst seit Corona, auch in der Arbeitswelt immer wichtiger. Um jeder Zeit alles im Blick zu haben, müssen Daten nämlich ebenso mobil werden, wie es ihre Nutzer längst sind. Also überall zur Verfügung stehen, egal ob auf dem Desktop, Tablet oder Smartphone. Damit einher geht der zentrale Zugriff aller am Prozess Beteiligten auf durchgängige Informationen. Beides ist eine wesentliche Voraussetzung für die effektive Verwaltung umfangreicher Immobilienbestände.

Verbesserte Entscheidungsgrundlage

Das Münchner Facility Management ist für über 3.000 städtische Gebäude verantwortlich; darunter neben bekannten Kulturgebäuden auch eher ungewöhnliche Objekte wie Tankstellen, Campingplätze und Gärtnereien. All diese Immobilien werden einmal im Jahr begangen, um ihre Verkehrssicherheit und den Instandhaltungsbedarf zu prüfen. Bisher sah das so aus, dass die Mitarbeiter Mängel und Bedarfe vor Ort mit Klemmbrett, Stift und Digitalkamera erfassen mussten. Die Daten wurden dann später am Arbeitsplatz manuell in Gebäudezustandsberichte übertragen.

Dieses Vorgehen war nicht nur sehr zeitaufwändig, sondern lieferte außerdem nicht immer die gewünschten Ergebnisse. So gestaltete sich etwa die Ermittlung von branchentypischen Kennzahlen für mehrere Gebäude der gleichen Nutzungsart infolge der verteilten Datenhaltung als sehr schwierig. Verschiedene Instandhaltungs- alternativen im Rahmen der Kostenplanung zu vergleichen, war hingegen überhaupt nicht möglich. Es fehlten einheitlich angewendete Prozesse und eine zentrale Informationsbasis. Weil gutes Facility Management aber nun einmal der Schlüssel zu einer funktionierenden und lebenswerten Stadt ist, entschloss man sich, zu handeln.

„Bei einem Immobilienvermögen von circa 21 Milliarden Euro ist es einfach unerlässlich, dieses möglichst wirtschaftlich zu managen – zumal es hier um Steuergelder geht“, erklärt Eduard Rempfer, Leiter des CAFM-Projekts bei der Landeshauptstadt München. „Unser Ziel war es, die Immobilienorganisation und das Facility Management der Stadt zukunftsfähig zu machen“, pflichtet Wolfgang Heidmann als Abteilungsleiter für strategische IT-Projekte bei.

Mobile Datenerfassung

Um die Prozesse zu vereinfachen, Aufgaben zu zentralisieren und die Anzahl der beteiligten Akteure zu verringern, kam es 2012 zunächst zu einer organisatorischen Neuregelung. Das Kommunalreferat fungiert seither – mit Ausnahme der Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen – als Vermieter der städtischen Immobilien. Das Baureferat übernahm indes die zentrale Rolle des technischen Dienstleisters. Der nächste Schritt bestand dann in der Digitalisierung der Prozesse mit Hilfe eines Computer Aided Facility Managements (CAFM). Dessen Einführung stellt eines der größten strategischen IT-Projekte der Landeshauptstadt dar.

Projektleiter Eduard Rempfer: „Das Zusammenspiel aus IT und Fachlichkeit wird immer enger. Heute müssen beide gemeinsam agieren, um erfolgreich zu sein. Deshalb war es wichtig, neben der strukturellen auch eine digitale Neuorganisation durchzuführen. Also eine einheitliche und aktuelle Datenquelle zu schaffen, um die weit über 90 Altsysteme und 700 Excellisten abzulösen, die bisher im Einsatz waren. Denn eine verbesserte Datenqualität ermöglicht bessere Managemententscheidungen.“

Statt Klemmbrett und Stift nutzen die Mitarbeiter des Bau- und Kommunalreferates nun das Tablet zur Bewertung des Gebäudezustands. Über die InputApp des Münchner Softwareunternehmens CalCon können damit Zustände, Mängel und Instandhaltungsbedarfe direkt vor Ort erfasst werden. Eine Veränderung, die bei den Anwendern sehr positiv gesehen wird, da sie ihre Arbeit deutlich vereinfacht. Schließlich lassen sich auch Fotos zur Dokumentation gleich dem richtigen Bauteil zuweisen und müssen somit nicht im Nachgang zeitaufwändig sortiert, beschriftet und übertragen werden. Und selbst ein schlechtes Netz, wie es insbesondere in Kellern ja öfter vorkommt, stellt kein Problem dar. Die App ist offline-fähig, sodass die erfassten Daten, sobald wieder eine ausreichende Verbindung besteht, automatisch auf den Server und in die zugehörige Softwareanwendung zurückgespielt werden.

Auf diese Weise stehen die Ergebnisse der Bauzustandsbewertung allen für eine Immobilie zuständigen Fachbereichen quasi sofort im System zur Verfügung. Damit ist jederzeit nachvollziehbar, ob ein Gebäude bereits begangen wurde. Die Digitalisierung des Facility Managements steigert also nicht nur die Effizienz, sondern schafft zudem ein hohes Maß an Transparenz.

Zielorientierte Maßnahmenplanung

Mit der digitalen Erfassung des technischen Gebäudezustands ist es allerdings keinesfalls getan. Im nächsten Schritt gilt es, die erhobenen Daten so aufzubereiten, dass sie zu einer aussagekräftigen Entscheidungsgrundlage für die Instandhaltung der Immobilien werden. Auch hier unterstützt die IT-Lösung der CalCon. Auf Grundlage der Erfassungsergebnisse schlägt diese nämlich je nach Zustandsbewertung automatisch die Instandhaltungsmaßnahmen vor, die erforderlich sind, um den gewünschten baulichen Zustand wiederherzustellen. Und weil für die einzelnen Maßnahmen außerdem Branchenpreise hinterlegt sind, liefert die Software auch gleich die zugehörigen Kosten. Hierdurch erhält das Facility Management rasch einen Gesamtüberblick über die notwendigen Maßnahmen und das benötigte Budget.

Die einzelnen Maßnahmenvorschläge können nun von der Sachbearbeitung mit wenig Aufwand objektspezifisch angepasst werden. Dabei ist es möglich, verschiedene Szenarien zur Maßnahmenumsetzung aufzustellen, die politische Entscheidungen oder unterschiedliche Instandhaltungsoptionen – etwa die energetische Sanierung der Grundschulen oder die Begrünung von Flachdächern – abbilden. „Da wir es hier grundsätzlich mit einer Differenzierung zwischen den fachlich als notwendig angesehenen Finanzmitteln einerseits und der objektiven Einnahmensituation der Kommune inklusive der Abhängigkeit zu kommunalpolitischen Schwerpunktsetzungen andererseits zu tun haben, können wir nicht immer und jederzeit das ganze Gebäude sanieren, sondern müssen einzelne Maßnahmen wie den Austausch von Fenstern priorisieren“, erläutert Eduard Rempfer die Bedeutung dieser szenarienbasierten Kostenplanung.

„Um dann eine Entscheidung des Stadtrats herbeizuführen, genügt es nicht zu wissen, dass ein solches Fenster 300 Euro kostet. Wir brauchen vielmehr ein realistisches Szenario, das zum Beispiel für die Gebäude mit sehr hohen Energieausgaben beschreibt, welche Maßnahmen wir für welche Bauteile empfehlen, und was das insgesamt kostet. So können wir ganz zielorientiert konkrete Instandhaltungsmaßnahmen vorschlagen und steuern, statt einfach mit dem groben Besen über den Bestand zu gehen.“

Derzeit nutzen etwa 110 Personen die Fachanwendung. Perspektivisch sollen in den nächsten 12 Monaten bis zu 100 weitere Mitarbeitende hinzukommen. „Wenn man bedenkt, dass die Einführung eines CAFM- Prozesses erheblichen Einfluss auf die gesamte Organisation hat, sind wir auf einem guten Weg“, lautet Rempfers Fazit.

„Denn wir haben positive Veränderungen ausgelöst, die auch in der Politik Anklang gefunden haben. So gibt es jetzt beispielsweise endlich eine einheitliche Bezeichnung für sämtliche Gebäude und Liegenschaften und definierte führende Adressinformationen. Aber vor allem verfügen wir auf Grund der IT-Einführung inzwischen über eine bessere Kenntnis unserer Immobilien und ehrlichere Zahlen, mit denen wir als Stadtverwaltung bessere Analyseergebnisse haben und damit unseren politischen Entscheidungsträgern transparent darstellen können.“
Anke Herrmann, Geschäftsführung CalCon Deutschland GmbH

Weitere Informationen unter:
www.calcon.de
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