Die klassische Form des Abwassertransportes ist der Freispiegelkanal. Er hat sich seit über 160 Jahren bewährt.
Immer häufiger werden jedoch als Alternative Pumpendruckleitungen eingesetzt.
Bei der Druckentwässerung fördern kleinere Hauspumpstationen das Abwasser einzelner Häuser oder Häusergruppen in ein Druckrohrnetz. Die Fließvorgänge werden dabei meist von Druckluftspülstationen geregelt oder unterstützt.
Bei mangelndem Gefälle, ungünstigen Untergrundverhältnissen und/oder hohem Grundwasserstand ist die Druckentwässerung klar im Vorteil.
Das geschlossene, dichte Rohrsystem verhindert die Kontaminierung des Grundwassers. Darüber hinaus ist eine sichere weil geregelte Abwasserreinigung durch die nächstgelegene Kläranlage sichergestellt.
Da bei der Abwasserentsorgung vor allem in ländlichen Gebieten mehr als 80% der Kosten auf die Kanalisation entfallen ist hier zudem das größte Einsparpotential.
Kleiner dimensionierte Leitungsquerschnitte (siehe Europanorm EN 1671) sind wesentlich kostengünstiger zu errichten als ein Freispiegelkanal.
Bei Druckrohrleitungen spielen zwei wesentliche Komponenten eine entscheidende Rolle: die eingesetzte Pumpentechnik und die Druckluftspülstationen.
Im Folgenden wird ein Beispiel aus der Praxis beschrieben:

Die örtlichen Gegebenheiten
Der Markt Legau liegt in der Region Donau Iller südlich von Memmingen. Er besteht aus den Ortsteilen Legau und Maria Steinbach, sowie zahlreichen Streusiedlungen und Einzelgehöften.
Das gesamte Gebiet ist stark landwirtschaftlich geprägt.
Die beiden angesprochenen Ortsteile sind seit vielen Jahren an die öffentliche Abwasserkanalisation mit Ableitung und fachgerechter Behandlung in der Kläranlage der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Illerwinkel angeschlossen.
Die Siedlungen im Außenbereich waren bis zum Jahr 2015 für die Abwasserbehandlung eigenverantwortlich zuständig.
Um eine geregelte Abwasserreinigung für die privaten und gewerblichen  Grundstücke südlich von Legau zu erreichen und gleichzeitig den Schutz des in der Nähe gelegenen Trinkwasser-Gewinnungsgebietes zu verbessern, wurde nach einer Optimierungsmöglichkeit der Abwasserbehandlung gesucht.

Anschluss der Streusiedlungen an die öffentliche Abwasserkanalisation mittels Pumpendruckleitung
Mit zahlreichen Baggerschürfungen und Rammkernsondierungen wurden die geologischen Verhältnisse untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die Bodenschichten einen sehr gleichmäßigen Verlauf aufweisen.
Unter einer 25 bis 40 cm starken Oberbodenschicht stehen größtenteils Decklehme an.
Darunter befinden sich Verwitterungskiese bzw. Kiese aus der Grundmoräne der letzten Eiszeit.
Nach Abwägen aller vorliegenden Fakten entschloss sich die Gemeindevertretung zur Verlegung einer Druckrohrleitung.
Dabei wurde das vorhandene Trennsystem beibehalten. Das anfallende Oberflächenwasser wird in die bereits vorhandenen Systeme eingeleitet. Das häusliche und gewerbliche Schmutzwasser wird hingegen gesammelt und über Abwasserpumpschächte und eine Druckleitung ins öffentliche Kanalnetz abgeleitet.
Die vorhandene Kläranlage der VG Illerwinkel ist in der Lage die zusätzlichen Abwassermengen problemlos aufzunehmen.
Die Planung sah weiterhin vor die Trasse für die Druckleitung generell an vorhanden Straßen und Wege auszurichten. Die unterschiedlichen Leitungsdurchmesser von DA50 bis DA90 ergaben sich in Abhängigkeit der angeschlossenen Einwohner.
Die Baumaßnahmen wurden 2015 durchgeführt. Die letzten Anschlussarbeiten sollen bis Mitte 2016 abgeschlossen werden.

Grundfos 2

Druckluftspülstationen und Schneidwerkpumpen für das neue Entwässerungssystem
Der Auftrag zur Lieferung der Pumpen- und Systemtechnik erging an die Grundfos GmbH in Erkrath, da eine maßgeschneiderte Lösung angestrebt wurde.
Neben Hauspumpstationen wurden Druckluftspülstationen und vor allem Abwasserpumpen benötigt.
In Pumpstationen werden Pumpen mit Schneidwerkzeug eingesetzt. Sie sorgen dafür dass auch Gegenstände, die eigentlich nicht in die Toilette gehören, wie z.B.  Hygieneartikel sicher zerkleinert und abtransportiert werden können.
Auf diese Weise wird die Verwendung von kleinen Leistungsquerschnitten (in diesem Fall ab DA 50) ermöglicht.
Die hier eingesetzten SEG Pumpen (Abwasserpumpen mit Schneidwerk) wurden überwiegend in der 1,5 kW Version installiert. Diese Leistung war für die Qualität und Quantität des anfallenden Abwassers völlig ausreichend. Sie garantieren einen sicheren und vor allem kostengünstigen Betrieb.
Über diesen Rahmen hinaus sind einige Besonderheiten hervorzuheben:
Die Pumpe und der Motor sind mit einem Spannband aus Edelstahl miteinander verbunden. Eine Trennung dieser beiden Hauptkomponenten ist schnell und einfach ohne Sonderwerkzeug möglich.
Ggf. nötige Reparaturen vor Ort werden erheblich erleichtert.
Der mit Polyurethan ausgegossene Kabelsteckanschluss aus Edelstahl sorgt für eine wasserdichte und beständige Abdichtung der Leiterenden vom Kabel. Bei Anschluss oder Service muss einfach nur der Stecker gezogen bzw. gesetzt werden.
Das Pumpen-Laufrad unterliegt zwangsläufig einem gewissen Verschleiß. Der Laufradspalt verändert sich und das gesamte System arbeitet nicht mehr im optimalen Wirkungsgrad.
Mit dem patentierten Smarttrim-System kann der Laufradspalt von außen  – ohne großen Aufwand – nachjustiert werden. Sonderwerkzeuge sind wiederum nicht erforderlich.

Schneidrad-Abwasserpumpen mit integrierter Intelligenz
Rund 75% aller Störmeldungen bei Schmutz- und Abwasserpumpen basieren auf defekten Schwimmschaltern oder dem Ausfall externer Niveauerfassungssysteme.
Mit der AutoAdapt-Funktion fallen diese Probleme gar nicht erst an. Bei diesen Pumpen sind alle Sensoren bereits in der Pumpe integriert. Nach der Installation passt sich die Pumpe vollautomatisch den lokalen Bedingungen an. Sind weitere Pumpen mit „integrierter Intelligenz“ im Schacht installiert, stimmen sich die Aggregate aufeinander ab. Das integrierte Überwachungssystem sorgt für den Trockenlaufschutz.
SEG Pumpen mit AutoAdapt-Funktion spielen ihre Vorteile dort aus, wo durch Druckleitungen reduzierter Nennweiten Kosten eingespart werden sollen, dass ist vor allem bei der Druckentwässerung der Fall.
Für das Projekt „Markt Legau“ boten die SEG Pumpen eine optimale Systemlösung.

Druckluftspülstationen sind wichtige Komponenten
Druckluftspülstationen geben täglich mehrfach Druckluft in das System um einen sicheren Abfluss des Abwassers zu garantieren. Dabei kommt es vor allem darauf an:
Verkürzung der Aufenthaltszeit des Abwassers in der Druckleitung
Ablösung von möglichen Ablagerungen in den Rohren durch hohe Spülgeschwindigkeit
Eintrag von Sauerstoff ins Abwasser
Reduzierung der Bildung von Schwefelwasserstoff
Im gesamten Leitungssystem wurden insgesamt 3 Druckluftspülstationen eingesetzt. Zwei davon mit einer Leistung von 350 l/Minute und eine weitere von  660 l/Minute.
Um Ablagerungen zu vermeiden und die Sulfidbildung zu beschränken sollte die Durchflusszeit 8 Stunden nicht überschreiten.
Die Anordnung der letzten drei Stationen erfolgte so, dass diese Vorgaben eingehalten werden.

Pumpsteuerung per Smartphone
Mit der App Grundfos GO und den dazugehörigen Kommunikationsmodulen kann mit Smartphone und Tablet eine effektive Pumpensteuerung vorgenommen werden.
Die App ist kostenlos. Mit ihr können Pumpen fernbedient, parametriert, verwaltet und sogar ferngewartet werden.
Die Betreiber der insgesamt 58 Hauptpumpstationen haben damit die Möglichkeit das gesamte System zu überwachen und einen ständigen Datenaustausch vorzunehmen. Fernüberwachung bietet Sicherheit und beugt Ausfällen vor.

Zahlen –  Daten – Fakten
Bauherr:            Markt Legau, Landkreis Unterallgäu
Projekt:            Abwasserentsorgungskonzept Legau Süd
Bauzeit:            2015
Planung und
Projektierung:        Fassnacht Ingenieure GmbH, Legau
Tiefbau:            Max Wild GmbH, Berkheim
Lieferung Pumpentechnik:    Grundfos GmbH, Erkrath

Gelieferte Pumpentechnik:
56 SEG 40.15.ex (1,5 kw Version) mit AutoAdapt-Funktion
2 SEG 40.26.ex incl. Fußkrümmer (2,6 kw Version) mit AutoAdapt-Funktion
11 PE 08.40E Liftstationen
3 Druckluftrohrspülstationen

Bildunterschriften:

1. Einpflügen der Druckrohrleitung

2. Trassenverlauf

Vorheriger ArtikelE.ON und Evonik nehmen Gas- und Dampfturbinenkraftwerk im Chemiepark Marl offiziell in Betrieb
Nächster ArtikelAsylverfahren in NRW werden beschleunigt Land und BAMF treffen Vereinbarung