Am Übergang von Stadt und Natur im Südosten Hannovers entstehen derzeit rund 4.000 Wohneinheiten. Ein Blick auf den Masterplan und die aktuelle Entwicklung des Quartiersparks im größten Neubaugebiet Niedersachsens zeigt: Der Mensch wie auch die Natur stehen an erster Stelle.

Als 2014 der hohen Nachfrage nach Wohnraum nicht mehr allein durch innerstädtische Nachverdichtung begegnet werden konnte, beauftragte die Stadt Hannover die Stadt- und Landschaftsplaner*innen West 8 aus Rotterdam, die Kölner ASTOC Architects and Planners und das lokale Verkehrsplanungsbüro SHP Ingenieure mit der gemeinsamen Entwicklung eines Masterplans für den südlichen Kronsberg.

Auf 37 Baufeldern entstehen rund 4.000 neue Wohneinheiten. Das Gebiet ist schon heute an die Stadtbahn angeschlossen und profitiert trotz der Lage am Stadtrand von bestehender urbaner Infrastruktur.
Auf 37 Baufeldern entstehen rund 4.000 neue Wohneinheiten. Das Gebiet ist schon heute an die Stadtbahn angeschlossen und profitiert trotz der Lage am Stadtrand von bestehender urbaner Infrastruktur.

Topografische Herausforderung

„Es ist wichtig, dass ein Quartier genau für den Ort geschaffen wird, an dem es entstehen soll“, so Christoph Elsässer, der verantwortliche Projektleiter des Planungsbüros West 8. Für Kronsrode ist jener Ort der Kronsberg – dieser bildet die Grundlage der gesamten Planung. Sein Landschaftsraum schließt direkt an die im Westen verlaufende Stadtbahnlinie an und man erreicht von zwei Haltestellen über einen Spaziergang den höchsten Punkt des Kronsbergs.

Die topografische Besonderheit des Geländes birgt hohe planerische Anforderungen, da bei heftigen Starkregenereignissen das Wasser von den Tiefgaragen und dem Gleisbett ferngehalten werden muss. Gelingen wird dies dank eines bereits im nördlichen Kronsberg erfolgreich betriebenen Entwässerungssystems, bestehend aus oberirdischen Mulden-Rigolen. Mit aufwendigen Computersimulationen wurde dieses System für die Hanglage von Kronsrode adaptiert. Der meiste Niederschlag wird im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit der Ressource Wasser im Quartier belassen: Dieser sammelt sich im Kiesbett der Mulden und wird nur wenn nötig langsam über eine Drainage abgeführt. Der Großteil des versickernden Wassers wird später verdampfen und somit dazu beitragen, das Quartier abzukühlen, positiv auf das Mikroklima einzuwirken und die Biodiversität zu erhöhen.

Das Herzstück: Quartierspark Kronsrode

Der Stadtteilpark Kronsberg-Süd, so der offizielle Name, lehnt sich an die geschwungene Topografie der Parklandschaft des südlichen Kronsberg an. Die Landschaft wird auf etwa 49.000 m2 in das Gelände hineingeführt und teilt es damit in die drei Quartiere Nord, Mitte und Süd. Das zwei Kilometer lange Wegenetz stellt das verbindende Element zwischen den Quartiersplätzen dar.

Der örtliche Mergelboden wie auch die Folgen des Klimawandels stellten für die   Landschaftsarchitekt*innen von Lohaus · Carl · Köhlmos Herausforderungen bei der Pflanzplanung dar. Auf Basis aktueller Forschungsergebnisse und der im Kammwald vorhandenen Vegetation entwickelte das Büro einen Plan, mit dem 300 Bäume verschiedener Art demnächst Parkrand-Alleen entlang der drei Quartiere bilden werden – begleitet von knapp 700 m2 Hecken, etwa 7.750 m2 extensiver Blühwiesen und 2.200 m2 Staudenflächen. Insbesondere letztere werden als Schmuckstücke die Eingänge zum Park betonen und nach Geruch und Insektenfreundlichkeit ausgesucht werden. „Bei der Materialwahl ist es wichtig, den Genius Loci zu berücksichtigen und das Besondere des Ortes mit den Materialien herauszuarbeiten“, erklärt Thomas Köhlmos. „Dazu verwendet man heimische Hölzer und plant mit Splitten und Natursteinen aus der Region – nicht zuletzt zur Vermeidung langer Transportwege.“

Integration von Individualität

In Kronsrode hat jedes Quartier eine eigene, interne Grünfläche als Quartiersplatz, auf der man sich „unter Nachbarn“ trifft. Privates Grün finden Anwohner*innen künftig in den großzügig gestalteten Innenbereichen der einzelnen Baufelder, in denen kleine Schrebergärten, Obstwiesen und weitere Spielplätze entstehen. Drei Spielplätze für unterschiedliche Altersgruppen werden im Park zusammen mit den zukünftigen Bewohner*innen von Kronsrode entwickelt. Spiel- und Bewegungsangebot lassen sich so auf die Bedürfnisse der Gruppen anpassen; gleichzeitig beweisen Erfahrungswerte einen sehr viel pfleglicheren Umgang mit den Anlagen, wenn die Nutzenden in den Gestaltungsprozess integriert und die Spielplätze damit zu „ihren Plätzen“ werden.

Den verschiedenen Straßenzügen werden unterschiedliche Baumsorten zugeordnet und entlang der großen Achsen ist Klinker für die Fassadengestaltung vorgegeben. Das Individuelle spielt im Neubaugebiet jedoch eine große Rolle: Das Fassadenmaterial im tieferen, privateren Teil der Quartiere ist von den zukünftigen Bewohner*innen frei wählbar. „Wir haben ganz bewusst eine Kombination aus Townhouses und Geschosswohnungsbau gewählt, damit eine Mischung der Bewohner*innen entstehen kann“, begründet Christoph Elsässer die Vorgehensweise. „Auch hier ist es die individuelle Gestaltung und Materialwahl, die neben Orientierung auch eine Diversität und Vielseitigkeit schafft, in der Gesamtheit aber eine Gemeinschaft der Bewohnenden ausdrückt. Eine künstlich geschaffene Situation, die dennoch ein entspanntes Miteinander erzeugt und zugleich die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegelt.“

Obwohl die Individualität eine übergeordnete Rolle bei der Planung von Kronsrode spielt, müssen alle Wohnungen gleich gut vor Lärmimmission geschützt werden. Angrenzend an das Gewerbegebiet Stockholmer Allee sowie an die Stadtbahn, wird dem möglichen Lärm mit geeigneten Baustoffen begegnet: Die Gebäude werden zu diesem Zweck zu 70% im gesamten Baugebiet und zu 100% entlang der Kante zu Stadtbahn und Gewerbegebiet in KS-Bauweise mit Kalksandstein von KS-Original realisiert.

QuelleBild: Olaf Mahlstedt / KS-ORIGINAL
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